Dezember. Es ist ein verregneter und kalter Tag. Heute bin ich zum Interview mit einem ehemaligen deutschen Bodybuildingmeister verabredet.
Ich freue mich bereits seit einigen Tagen auf dieses Interview, steige ins Auto und fahre in das Gewerbegebiet meiner Heimatgemeinde Röttenbach.
Jürgen betreibt hier ein modernes Fitnessstudio; ein Familienunternehmen seit mehreren Jahrzehnten. Er ist ein hilfsbereiter und sympathischer Interviewpartner und Fitnessberater der gerne meine 14 Fragen beantwortet.
Here we go
14 Fragen an Jürgen Schmerer
1. Hallo Jürgen, vielen Dank dass Du dir Zeit für das Interview genommen hast. Stelle dich doch bitte zuerst meinen Lesern kurz vor.
Hi Fabian! Gerne nehme ich mir die Zeit für das Interview. Ja, ich heiße Jürgen Schmerer, bin 47 Jahre jung und von Beruf Fitnesstrainer und Ernährungsberater im eigenen Familienbetrieb.
Ziel ist wie in einem Fitnessstudio üblich, den Mitgliedern dabei zu helfen ein hohes Maß Fitness und Gesundheit zu bekommen.
Bereits seit Anfang der 80er Jahre betreibe ich leidenschaftliches Bodybuilding. Höhepunkt war der Titel des Deutschen Bodybuildingmeisters der Jugendklasse 1985.
2. Glückwunsch zum Titel! Thema Abnehmen – was ist besonders effektiv, was kannst Du empfehlen?
Es gibt unterschiedliche Diätformen, die einen setzen auf Low Carb, die anderen wiederum auf Low-Fat und High-Carb usw. Was ist nun am besten geeignet?
Meine Erfahrung zeigt, dass es hier nicht diese eine BESTE Strategie gibt, sondern es jeder für sich herausfinden muss, das ist je nach Körpertyp unterschiedlich.
Wie du mir bereits erzählt hast Fabian, hast du die besten Ergebnisse mit Low Carb erzielt. Ich habe Mitglieder bei uns im Fitnessstudio die durch High-Carb und Low-Fat super Ergebnisse erzielen, schnell und sauber abnehmen und dauerhaft schlank bleiben.
Man erkennt hier also, dass es oft der Körpertyp ist der entscheidet.
3. High-Carb? Liegt da nicht die Gefahr nahe dass der Blutzuckerspiegel unnötig schwankt, man Heißhungerattacken bekommt und dadurch unnötig Lebensmittel (und Kalorien) verzehrt?
Dein Blutzuckerspiegel schwankt nur extrem, wenn du einfache Kohlenhydrate wie Weißbrot oder weißen Reis zu dir nimmst und keine gesättigten oder ungesättigten Fettsäuren.
Nimmst du allerdings komplexe Kohlenhydrate wie Vollkornbrot oder Reis UND ein klein wenig Fettsäuren zu dir (bsp. Butter, Wurst, fettiger Fisch oder Käse), schwankt dein Blutzuckerspiegel nur minimal und die gefürchteten Heißhungerattacken bleiben aus.
Allerdings gilt auch hier: jeder Körper reagiert anders.
Du Fabian hast mir ja beispielsweise vorhin erzählt, dass dich Kohlenhydrate nicht lange satt halten, bei mir ist das Gegenteil der Fall.
4. Thema Eier: die Geister streiten sich darüber – sind sie nun ungesund oder nicht?
Fabian, hier sage ich ganz klar: Daumen hoch für das Ei!
Eier sind nicht ungesund. Auch was das Thema Cholesterin angeht: Cholesterin ist ein lebenswichtiger Stoff. Der menschliche Organismus stellt Cholesterin selbst her, es sei denn, er wird von außerhalb durch Nahrung aufgenommen.
In diesem Fall drosselt der Körper die Eigenproduktion. Es gibt bislang keinen wissenschaftlichen Nachweis der belegt, dass sich der Verzehr von Eiern negativ auf den Cholesterinspiegel auswirkt.
5. Auch Eier gehören für mich zur täglichen Nahrung. Was hältst du von Eiweißbrot? Kurzfristiger Hype oder grundsätzlich empfehlenswert?
Für eine Low Carb Ernährung natürlich sehr zu empfehlen, es spricht aus meiner Sicht nichts dagegen.
Natürlich muss jeder für sich die Ernährungsform selbst entscheiden, also ob er eher nach Low Carb oder High Carb sich ernähren möchte.
Viele können auf das typisch, deutsche Brot nicht verzichten. Für alle anderen: Daume hoch fürs Eiweißbrot (Linktipp: Eiweißbrot selber backen)
6. Sport beim Abnehmen – Krafttraining oder doch Ausdauer. Was ist effektiver?
Wenn ich ehrlich bin: ich liebe das „Eisen“, also das Krafttraining, daher ist mir grundsätzlich das Krafttraining lieber und ich empfehle es jedem.
Betrachtet man es rein aus Sicht der Effektivität beim Fettverbrennen, würde ich auch ganz klar das Krafttraining empfehlen.
Hierdurch baue ich zusätzliche Muskelmasse auf welche auch im Ruhezustand Kalorien verbrennen.
7. Wie baue ich nun schnellstmöglich Muskelmasse auf? Oft heißt es: wenig Wiederholungen, maximales Gewicht.
Verallgemeinern kann man das nicht.
Es kommt letzten Endes darauf an, wie lange ich bei den Wiederholungen den Muskel reize. Nehme ich bsp. bei einer Aufwärtsbewegung 2 Sekunden in Anspruch statt 1 Sekunde verdopple ich den Reiz für den Muskel.
Das Wichtigste ist, dass man regelmäßig über seine Schmerzgrenze hinausgeht, nur so wächst der Muskel.
Auch mitentscheidend für den Muskelaufbau ist die Mischung aus weißen und roten Muskelfasern, das wiederum ist genetisch bedingt: während die weißen Muskelfaser überwiegend für die Kraft zuständig sind und nur wenig für die Ausdauer, ist es bei den roten Muskelfasern genau umgekehrt.
Fabian Prell und Jürgen Schmerer
8. Bleiben wir beim Thema Krafttraining: freie Gewichte oder festinstallierte. Worin liegen die Vor- und Nachteile?
Der Vorteil an festinstalltierten Geräten ist, dass bei einer Wiederholung von der Auf- bis Abwärtsbewegung durchgehend die gleiche Kraft aufgewendet werden muss und es nicht zu Schwankungen kommt und der Muskel nur in der Mitte der Wiederholung das Maximale herausholen muss.
Nachteil ist, dass nur der Muskel isoliert stimuliert wird und für die Übung unterstützende Muskeln (wie bei freien Gewichten) nicht oder kaum beansprucht werden.
Genau hier haben freie Gewicht den Vorteil: sie trainieren mehrere Muskelgruppen gleichzeitig.
Nachteil ist allerdings, dass das Verletzungsrisiko hier größer ist.
9. Abnehmen ohne Sport? Ist das möglich? Letzten Endes geht es ja um die Kalorien.
Ich sehe das etwas skeptisch. Hier denke ich oft an früher, als ich junge Frauen kannte die bereits mit 18 Jahren sich ständig auf Diät setzten, obwohl diese schlank waren.
Was ist anschließend passiert? Der Gesamtumsatz (Kalorien die der Körper braucht) ist stetig gesunken, da sich der Körper anpasst.
Sobald sie älter und erwachsener wurden und sich normal ernährten nahmen sie sehr schnell zu und bringen das Gewicht mittlerweile kaum runter.
Heute sehe ich noch hin und wieder Frauen von damals und muss daher davor warnen es extrem anzugehen.
Durch eine Kombination aus gesunder, ausgewogener Ernährung und Sport erreicht man sein Ziel.
10. Schlank trotz Job – genau das ist mein Themengebiet. Wie kann man als Berufstätiger mit nur wenig Freizeit trotzdem effektiv abnehmen und Sport machen?
Dazu fällt mir ein Name ein: Mike Mentzer.
Er war ein bekannter Bodybuilder und hat einmal in einem Seminar gesagt, dass zwei Übungen pro Woche (!) mit je einem Satz ausreichen um Muskulatur aufzubauen und (in Kombination mit einer üblichen kalorienreduzierte Ernährung) Fett zu verbrennen.
Wichtig ist, dass bei den Übungen bis zum Muskelversagen trainiert wird und der Muskel anschließend die Zeit bekommt, den Reiz in Wachstum umzusetzen – 1 Woche.
Oder was natürlich auch hilft bei wenig Zeit ist, Intervallläufe zu machen wie bereits du mir vorhin erzählt hast.
Mike Mentzner Seminar:
11. Stichwort Motivation: hier scheitern meiner Meinung nach 99 % aller Abnehm-Willigen. Wie hast du dich vor allem in deiner aktiven Bodybuildingzeit ständig aufs Neue motiviert?
Zum einen habe ich mir leicht getan, da ich das Bodybuilding gerne gemacht habe.
Wenn ich dennoch mal einen Durchhänger hatte, stellte ich mir mein Ziel visuell vor: in knapper Badehose vor unzähligen Leuten auf der Bühne beim Wettkampf in Pose gehen: da muss man eine gute Figur machen.
Weiterhin wichtig war, sich hin und wieder selbst zu belohnen und an festgelegten Tagen beim Essen mal nicht auf die Kalorien zu achten (Cheat Day).
Solche Tage waren stets eingeplant und haben mir immer dabei geholfen kontinuierlich an meinem Ziel zu arbeiten.
12. Nahrungsergänzungsmittel: auch hier streiten sich die Geister. Braucht man sie oder nicht?
Wenn ich ehrlich bin Fabian: wenn man sich ausgewogen und gesund ernährt, hat der Körper nahezu alles was er braucht und man muss kaum „nachhelfen“.
Nur bei einseitigen Ernährungsformen sollte man darauf achten, dass man nicht an Vitaminen, Ballaststoffen usw. einspart und diese ggf. gesondert zuführt.
13. Fitnesstudio vs. Home-Gym. Wo siehst du Vorteile?
Ich merke immer wieder bei uns im Studio, dass die Mitglieder viel motivierter an die Sache gehen, wenn sie hier trainieren und auch Gleichgesinnte regelmäßig sehen und sich austauschen.
Ich kenne viele Leute die sich teilweise sogar sehr teure Fitnessgeräte für zu Hause anschaffen, es dann aber nicht benutzen weil der Abstand zwischen Wohnzimmer und Fitnessraum nicht groß genug ist und diese ganz bestimmte Fitnessstudio-Atmosphäre fehlt.
14. Vielen Dank schon einmal für das interessante Interview! Abschließend möchte ich dir natürlich auch noch die Möglichkeit geben, ein bisschen mehr über dein Fitnessstudio zu erzählen.
Ja Fabian, auch ich danke für das Interview. Gerne sage ich auch noch was zu unserem Studio: aktuell haben wir um die 400 Mitglieder in unseren Trainingsräumen.
Bereits seit 1983 gibt es unter Familienunternehmen, gegründet wurde es von meinem Vater und mir. Seit 1990 leite ich das Studio zusammen mit meiner Frau Elli.
1999 sind wir in unser jetziges Studio hier ins Röttenbacher Gewerbegebiet gezogen.
Neben den Trainingsmöglichkeiten in unserem Studio werden auch weitere Kurse angeboten wie bsp. Zumba.
Gerne können deine Leser bei mir zum Probetraining vorbeischauen und sich selbst ein Bild machen.
Weitere Infos finden sie unter www.fitness-schmerer.de